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Das Projekt „Nicht betroffen – beteiligt“ geht in die nächste Runde:Von Armut Betroffene, soziale Träger sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung kommen ins Gespräch

Was ist in den vergangenen Wochen geschehen? Was wurde schon erreicht? Und wo wollen wir noch hin? Fragen wie diese standen nun bei der zweiten Veranstaltung von Pro Arbeit e.V. am 21.11. 2025 im Fokus.
Datum:
26. Nov. 2025
Von:
Giana Haass Text: Sonja Essers

Im Rahmen des Projekts „Nicht betroffen – beteiligt“, das vom Landesarbeitsministerium (MAGS NRW) gefördert wird, soll in den kommenden Monaten ein Netzwerk armutsbetroffener Menschen entstehen. Der Auftakt fand bereits im September und damit kurz vor den Kommunalwahlen statt. Nun ging es in die nächste Runde. Und zu dieser waren nicht nur von Armut Betroffene, sondern auch Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung aus der gesamten Städteregion und Stadt Aachen ins Sozialwerk Aachener Christen gekommen.

Auf der zweiten von insgesamt drei Veranstaltungen, die Pro Arbeit im Rahmen des Projekts „Nicht betroffen – beteiligt“ durchführen wird, stand zu Beginn ein Rückblick auf der Agenda. Schließlich sei seit dem Auftakt im September eine Menge passiert. So boten bereits einige der angeschlossenen Träger – zu diesen gehören WABe, VIA, Picco Bella, Kolping Bildungswerk Aachen, Nell-Breuning-Haus, LEWAC, Rheinischer Verein für Katholische Arbeiterkolonien, Sozialwerk Aachener Christen – Workshops passend zum Thema Armut an.

„In diesen wurden ganz verschiede Ansätze gewählt“, berichtete Kay Hohmann.

Sie und Dr. Christina Herrmann gehören zum Vorstand von Pro Arbeit und moderierten die Veranstaltung in der Rosfabrik. In den Workshops setzten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Sprache auseinander, diskutierten und wurden kreativ.

„Uns war klar, dass der erste Schritt am Besten in den Institutionen selbst stattfindet. Erst dann ist für viele Betroffene auch ein Schritt in andere Räume möglich“, so Hohmann. „Heute wollen wir konkretisieren, was es braucht, damit ein Netzwerk entstehen kann."

"Wir möchten auf dieser Veranstaltung Schnittstellen finden, damit wir in die konkrete Umsetzung kommen können“, fasste Dr. Christina Herrmann das Ziel des Austauschs zusammen.

Als Expertin wurde Michaela Hofmann zugeschaltet. Sie ist Referentin für Allgemeine Sozialberatung, Armutsfragen, Frauenhäuser und Gewaltschutz beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln. Sie ist Mitbegründerin des Treffens von Menschen mit Armutserfahrung in NRW. „Netzwerke liegen mir sehr am Herzen“, erklärte sie. „Sie bieten eine Plattform, um miteinander sprechen zu können.“

Hofmann berichtete von ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen und teilte mit den Anwesenden auch Probleme, die auftreten könnten.

„Ein Netzwerk fällt zusammen, wenn es nicht offenen genug ist für andere Menschen. Man müsste eine Struktur dafür schaffen, dass Netzwerke unabhängig von der freien Wohlfahrtpflege existieren können. Doch das sehe ich in den kommenden Jahren noch nicht“, machte Hofmann deutlich.

Auf dem Weg zur Bildung eines Netzwerks in Stadt und Städteregion Aachen sei es zudem wichtig, Beteiligte zu fragen, wie die nächsten Schritte aussehen könnten und welche Themen sich herauskristallisieren.

 „Oft sind es Kleinigkeiten, die den Menschen signalisieren, dass sie etwas wert sind. Ich sage immer: „Sie sind mir etwas wert, aber nicht, weil Sie arm sind, sondern weil Sie Mensch sind und weil ich Sie mag.““ Das Thema Wertschätzung wurde auch von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern angesprochen. Würde diese nicht vermittelt, könnte dies beispielsweise zu Politikverdrossenheit führen.

Zu den Anwesenden gehörte auch Professor Christoph Gille von der Hochschule Düsseldorf, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. Er meinte: „Wir müssen uns klarmachen, dass Menschen, die von Armut betroffen sind, ganz andere Voraussetzungen haben um beteiligt zu werden. Wie schafft man es, dass Menschen mit Armutserfahrung nicht wieder ausgegrenzt werden? Beispielsweise indem man darauf achtet, dass alle sich anerkennen.“

In Stadt und Städteregion Aachen habe man die besten Voraussetzungen zur Gründung eines Netzwerks. „Aber wichtig ist, dass irgendwann auch ein Effekt zu erkennen ist.“ Ein gutes Beispiel dafür sei das benachbarte Belgien. Mit einem Gesetz zur Armutsbekämpfung sei man dort schon einen Schritt weiter. Ein Vorschlag, über den Professor Christoph Gille und die Anwesenden diskutierten: ein Ressourcenhaus. Es gehe dabei um Räume, in denen man zusammenkommen, aber auch Dinge erledigen können – beispielsweise Sachen ausdrucken. „Es wäre schon ein großer Vorteil, wenn eine Struktur geschaffen werden könnte, die Dinge wie diese, ermöglichen würde“, so Gille. 

Ein Termin für die nächste Veranstaltung steht bereits fest. Der Auftakt zur Gründung eines Armutsnetzwerkes findet am Samstag, 6. Dezember, von 12 bis 14 Uhr in der Wärmestube der WABe in Aachen statt.

Bei diesem Treffen sollen zunächst ausschließlich Menschen mit Armutserfahrung zusammenkommen, um gemeinsam neue Wege im Kampf gegen Armut zu entwickeln und ein tragfähiges Netzwerk aufzubauen.

Politik und Verwaltung sind bei diesem ersten Treffen noch nicht beteiligt.

Nach dem 6. Dezember 2025 werden Politik und Verwaltung mit einem Rundbrief über die Ergebnisse der Netzwerkbildung sowie über mögliche nächste Schritte informiert.